einen Hahn am Bord gehabt, der durch sein Krähen
in der frühen Morgenstunde die dem Strande zunächst
wohnenden Rantumer aus dem Schlafe geweckt hätte.
Sie eilten, sobald sie das gestrandete Schiff bemerkten,
an das Ufer und zu Jens an Bord, um ihm zu helfen,
sein Schiff leichter und wieder flott zu mahen. Sie
wußten freilich nicht, ob sie die Sache für eine Stran-
dung ansehen sollten, da sie dort keine Lichter noch
Fluthkälber als Vorspuk gesehen ; doch wollten sie Jens
überreden und sogar zwingen, seine Schiffsladung bei
Rantum ans Land zu bringen. *) Allein Jens Lüng
traute ihnen nicht, meinte, die Fluth würde sein Schiff
bald wieder flott machen; er war überdies ein großer,
starker Mann und wehrte die Rantumer ab, so gut er
konnte. Gleichwohl vermochte er nicht zu verhindern,
daß sie seine kostbarsten Altargeräthe, als silberne Leuch-
ter, Kelche, Schalen und dergleichen sammt seinem wach-
samen, schön gefiederten Hahn stahlen. Die Rantumer
hatten nie früher einen so schönen Vogel gesehen und
freueten sich anfänglich sehr über ihn. Sie sollen da-
mals 2 Kirchen (die Westerseekirche und die Rath-
burgskapelle) aber in vielen Jahren keinen Prediger
gehabt haben , lebten daher ungefähr wie die Heiden.
Als nun der Hahn sie alle Morgen durch sein Geschrei
zum frühen Aufstehen und zur Arbeit ermunterte, nann-
ten sie ihn ihren Prediger ; einige meinten sogar, daß
er sie zum Glauben an Gott und zum Gebet aufforderte,
indem er, wie sie wähnten, alle Augenblicke rief: „Kiek
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*) Nach den Regeln der abergläubigen Rantumer galten
Lichter am Strande als Vorspuk für Strandungsfälle, die Fluth-
kälber als Vorspuk für Ueberschwemmungen; Likschnücken (Irr-
wische) als Vorspuk für Todesfälle u. s. w.
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Detdiar sidj as efterluket wurden.
